Wetteraussichten
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Wanderreitertipps
Wanderreitertipps

 

Versuch einer Definition

 

Sobald man sich intensiver mit dem Thema beschäftigt, trifft man früher oder später auf die anscheinend nicht enden wollende Diskussion darüber, was Wanderreiten eigentlich ist. Ist es eine Frage der zurückgelegten Entfernung, des Reittempos, der Dauer, die man unterwegs ist, oder eher der Art und Weise, wie man unterwegs ist? Gehört zum Wanderritt zwingend die Übernachtung an einem fremden Ort und das Erreichen ferner Ziele? Ich denke nicht. Es gibt kurze und lange Wanderungen, Halbtages-, Tages- und Mehrtagestouren.

Für viele gehört zum Wanderreiten unbedingt auch das zu Fuß Gehen. Für mich nicht. Wenn ich dem Pferd eine Pause gönnen möchte, dann lasse ich es auch grasen und nicht hinter mir her laufen. Absteigen, weil es die Wegbeschaffenheit erfordert, ist natürlich selbstverständlich. Allerdings gehen darüber, in welchem Gelände ein Pferd einen noch tragen kann, auseinander. Das hängt, wie so oft, vom Trainingszustand von Roß und Reiter ab.

Und dann immer wieder die Überlegung, ab wann der Geländeritt ein Wanderritt ist? Ob man z.B. dreieinhalb Stunden als Wanderritt bezeichnen kann? Warum nicht? Es gibt eben kurze und lange Wanderungen. Wanderer wandern auch mal nur eine Stunde, ein anderes Mal 3 oder 6 und sprechen nicht erst vom Wandern, wenn sie 2, 3 Tage oder länger unterwegs sind. Der Unterschied zum Spaziergang? Die Abgrenzung zu definieren ist nicht einfach. Aber ist es überhaupt wichtig?

Auch wenn ich nicht denke, daß es in erster Linie eine Frage der Zeit, des Tempos und auch nicht der zurückgelegten Entfernung ist, ab wann man von einem Wanderritt sprechen kann, so spielen diese Kriterien erfahrungsgemäß in dem Moment eine wichtige Rolle, wenn man Gleichgesinnte für einen gemeinsamen Wanderritt sucht. Denn es ist unmöglich, für längere Zeit zusammen unterwegs zu sein, wenn in diesen Punkten Uneinigkeit herrscht.

 

Und was ist Wanderreiten für mich?
Wandern ist für mich eine spezielle Art, draußen unterwegs zu sein, den Weg und die Landschaft, Menschen und Tiere zu erleben.

Wandern ist für mich auch zügiges Voranschreiten, eine spezielle Art zu Gehen im Gegensatz zu Joggen oder Spazierengehen. Es liegt irgendwo dazwischen. Ich nehme mir auch immer wieder gerne etwas Zeit, die Landschaft und was in ihr lebt zu betrachten. Das gehört für mich beim Wandern einfach dazu. Deshalb laufe ich nicht gerne mit Gruppen, die fortwährend dahin eilen, ohne inne zu halten und auch mal in Ruhe zu schauen. Dieses Empfinden übertrage ich auf die Art und Weise, wie wir auf unseren Touren mit den Pferden unterwegs sind.

 

Für mich haben Wanderungen zu Fuß und zu Pferd viele gemeinsame Aspekte. Doch manche Perspektiven sind natürlich auch völlig anders. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass man vom Sattel aus einen anderen Blickwinkel auf die Landschaft um sich herum hat. Auf einigen Fotos ist das deutlich zu erkennen. Anfangs war mir gar nicht so recht bewusst, was an ihnen so anders ist. Bis mir klar wurde, dass man auf seine nähere Umgebung schaut und nicht so flach über sie hinweg. Auch realisierte ich irgendwann, dass die höhere Position im Sattel unter anderem oftmals einen Blick über Zäune, Hecken und Maurern erlaubt, wo man als Fußgänger nur gegen undurchsichtige Wände schaut. Der Blick des Wanderreiters ist demnach freier.

Es gibt aber auch Situationen, in denen man sich als Fußgänger deutlich freier fühlt, wie als Reiter. Es gibt Stellen, wo man mit dem Pferd nicht mehr weiter kommt, während der Fußwanderer überhaupt keine Hindernisse sieht. Das veränderte meinen Blick auf die Landschaft ebenfalls.

Seitdem ich regelmäßig Strecken von 20 – 40 km reite und auch schon 200km „am Stück“ unterwegs war, hat sich auch mein Gefühl für Zeit und Bewegungsraum völlig verändert. Wie? Das ist schwer zu beschreiben. Wenn ich als Wanderer von Aussichtspunkten aus zurück- oder vor mir liegende Wegstrecken betrachtete, dann bewirkte dieser Anblick aufgrund der beim Fußwandern gesammelten Erfahrungswerte in mir ein ganz bestimmtes Raum- und Zeitgefühl, in das sowohl die Erinnerungen an die Anstrengungen als auch die vielen schönen sinnlichen Eindrücke verwoben sind, die ich beim Durchqueren dieser Landschaft erlebte. Und die sind im Sattel zum Teil natürlich anders. Wenn ich vom Pferd aus über die Täler zu den nächsten Bergen hinüber sehe, dann staune ich immer wieder, in wie kurzer Zeit große Entfernungen überwunden werden. Ferne Punkte sind erreichbarer geworden. Das realisiere ich auch beim Blick auf die Karte.

Wenn die Landschaft während des Reitens an mir vorbei gleitet, dann genieße ich es, mit einem Pferd unterwegs zu sein, dem ich vertrauen kann und das es mir erlaubt, meine Blicke schweifen zu lassen: die Pilze und Blumen am Wegrand zu betrachten, den Milanen zuzusehen, wie sie im Himmel kreisen, Rehkitze zu beobachten, die mich auf dem Pferd nicht wahrnehmen. . . .

Der Weg ist das Ziel!

Dieser Satz charakterisiert das Wanderreiten sehr treffend. Unterwegs sein ist das, was zählt. Nicht siegen und Pokale sammeln. Natürlich gibt es längst auch Wanderreiter-Wettbewerbe. Aber das ist nicht die Art des Wanderreitens, die ich suche.

ESTF 2008/03

 

 

 

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